Wang Keping
Wang Keping
... kam am 6. Januar 1950 in Peking zur Welt, kurz nachdem die kommunistische Armee in die Stadt (die damals noch "Peiping" hieß) einmarschiert war. Als Vornamen wählten die Eltern - patriotisch - "Keping", was "(Pei)ping erobern" bedeutet. Beide Eltern waren kommunistische Kulturschaffende, der Vater ein bekannter Schriftsteller, die Mutter eine Schauspielerin, die u.a. während des Kriegs gegen die japanischen Invasoren in kommunistischen Fronttheatern auftrat.
Schon als Kind galt Wang Keping als aufmüpfig. Weil er ständig seinen Lehrern widersprach, durfte er nicht das Pionierhalstuch der Volkschüler tragen, in der Mittelschule wurde ihm die Aufnahme in den Kommunistischen Jugendverband verwehrt. 1966, mit Beginn der "Kulturrevolution", schloss sich Wang einer "Rebellengruppe" der Roten Garden an, die in der Stadt Tianjin den örtlichen Sitz der Kommunistischen Partei stürmte. 1969 wurde Wang Keping, gerade 20 Jahre alt, auf eine Staatsfarm in Heilongjiang (Chinas nördlichste Provinz) zur landwirtschaftlichen Arbeit verschickt, doch schon 1970 gelang es ihm mit Hilfe der guten Beziehungen seiner Mutter, den kargen Lebensbedingungen im hohen Norden zu entkommen. Er wurde in eine Armee-Theatergruppe in Yunnan (Südwesten Chinas) aufgenommen. 1975 verschaffte ihm sein Vater einen Arbeitsplatz als Installateur in einer Fabrik. Dabei lernte er die Handhabung verschiedener Werkzeuge, was ihm bei seiner späteren künstlerischen Tätigkeit als Bildhauer zu Hilfe kommen sollte. Im Jahr darauf erhielt Wang eine Stelle in der Abteilung Fernsehspiel beim Zentralen TV-Sender.
Nach Maos Tod und dem Sturz der radikalen "Viererbande" im Herbst 1976, wurde auch Wang Keping vom aufkeimenden Fieber der politischen Reformdebatten erfasst, und er interessierte sich für die Dissidenten und Bürgerrechtler an der Pekinger "Mauer der Demokratie", verpasste seinen Holzschnitzereien politische Inhalte und schrieb ein Bühnenstück, das 1979 in einer der unabhängigen Zeitschriften veröffentlicht wurde.
Zusammen mit 22 weiteren Künstlern nahm Wang im September 1979 an der von der Polizei umgehend verbotenen Freiluft-Ausstellung der "Sterne"-Gruppe teil, am 1. Oktober marschierte er in der ersten Reihe der Protestdemonstration "für Demokratie und künstlerische Freiheit", die die Künstler zusammen mit den Bürgerrechtsaktivisten organisiert hatten.
Im November 1979 und August 1980 zeigte Wang Keping in den schließlich offiziell genehmigten "Sterne"-Ausstellungen in Peking auch seine politisch provokanten Skulpturen "Götze" und "Stille", erstere ein langgezogener Kopf, der sowohl an Buddha als auch an Mao erinnert, die zweite ein Gesicht mit gestopftem Mund und einem erblindeten Auge, allgemein als Symbol für die fehlende Meinungsfreiheit verstanden.
1984 heiratete Wang Keping eine Französin und übersiedelte mit ihr nach Paris. Erst 26 Jahre später sollte er in die Volksrepublik China zurückkehren, für eine Ausstellung in einem renommierten Museum in Shenzhen, an der Grenze zu Hongkong. 2013 durfte Wang dann in Peking, in der Galerie UCCA im Künstlerbezirk "798", eine vielbeachtete Ausstellung mit über fünfzig seiner neueren Werke abhalten.
Interview mit Wang Keping (am 27. April 2014 in seinem Atelier in der Nähe von Paris)
Hier finden Sie den chinesischen Text des Interviews (Übersetzung folgt)